Clomifen: Wirkung, Anwendungsgebiete, Nebenwirkungen - NetDoktor.de

2023-02-15 14:57:36 By : Mr. Louis He

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

Christopher Waxenegger studierte Pharmazie an der Universität Wien. Es folgten die erfolgreiche Fachprüfung für den Apothekerberuf sowie die freie Mitarbeit in einer Arztpraxis mit dem Schwerpunkt Medikationsanalyse. Seit 2020 widmet er sich dem Fachjournalismus und verfasst Sachtexte zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Im Urlaub erkundet Christopher gerne die schottischen Highlands und genießt die Ruhe der Natur.

Clomifen wird zur Auslösung des Eisprungs bei Frauen mit Kinderwunsch eingesetzt. Als sogenannter selektiver Östrogenrezeptormodulator wirkt der Wirkstoff an den natürlichen Andockstellen für die weiblichen Hormone im menschlichen Körper. Die Clomifen-Einnahme kommt auch bei bestimmten Fällen von ausbleibender Regelblutung in Frage. Hier lesen Sie alles Interessante zur Wirkung von Clomifen, Nebenwirkungen und Anwendung.

Die Funktion der Keimdrüsen bei der Frau (Eierstöcke) und beim Mann (Hoden) werden vom sogenannten Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-System gesteuert. Der Hypothalamus ist ein Teil des Zwischenhirns und eine wichtige Steuerzentrale im Hormonsystem.

Über den Botenstoff GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) regt er die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) an, Gonadotropine auszuschütten, also die Hormone LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon). Diese gelangen mit dem Blut zu den Keimdrüsen und sorgen für deren korrektes Funktionieren.

Bei Frauen regen die Gonadotropine die Eizellreifung in den Eierstöcken, den Eisprung (Ovulation) sowie die Bildung der Sexualhormone Östrogen und Gestagen an. Bei Männern sorgen die Gonadotropine für die Bildung und Reifung der Spermien sowie die Produktion des männlichen Sexualhormons Testosteron.

Normalerweise signalisiert der Blutspiegel der Sexualhormone dem Hypothalamus, ob die Hormonproduktion optimal ist, indem die Hormone an bestimmte Andockstellen (Rezeptoren) des Hypothalamus binden (= Rückkopplungsmechanismus).

Ist der Sexualhormonspiegel allerdings zu niedrig, weil die Keimdrüsen zu wenig Hormone produzieren, bleibt diese positive Rückmeldung aus. Über eine gesteigerte GnRH-Ausschüttung aktiviert der Hypothalamus daraufhin die LH- und FSH-Freisetzung in der Hypophyse – die Keimdrüsen steigern die Produktion der Sexualhormone.

Im umgekehrten Fall – beispielsweise beim Doping, wo von außen Sexualhormone zugeführt werden, um das Muskelwachstum zu stimulieren – reduziert die  Hirnanhangdrüse als Reaktion auf die erhöhten Spiegel die Gonadotropinausschüttung stark, um die körpereigene Sexualhormonproduktion zu senken, damit sich wieder normale Spiegel einstellen.

Eine Störung dieses hormonellen Systems im Bereich von Hypothalamus und Hypophyse kann bei Frauen unter anderem zu ausbleibender Regelblutung und fehlendem Eisprung führen. Dann können Wirkstoffe wie Clomifen verabreicht werden: Clomifen blockiert die Andockstellen für Sexualhormone an Hypothalamus und Hypophyse, ohne sie zu aktivieren.

Dadurch wird dem Körper, obwohl ein „normaler“ Spiegel an Sexualhormonen vorhanden ist, ein Mangel vorgetäuscht. Der Hypothalamus reagiert mit erhöhter GnRH-Freisetzung, die Hypophyse mit gesteigerter LH- und FSH-Freisetzung.

Die Eierstöcke erhalten also den Befehl, mehr Sexualhormone herzustellen, um den vorgespielten Mangel zu beheben. Die damit erreichten erhöhten Östrogenspiegel führen zum Eisprung oder die erneut einsetzende Regelblutung.

Von Männern wird Clomifen ohne Zulassung („off-label“) zum Doping eingesetzt, um bei externer Testosteronzufuhr die körpereigene Produktion aufrecht zu erhalten.

Clomifen wird nach oraler Einnahme rasch im Darm aufgenommen, die höchsten Blutspiegel stellen sich vier bis sieben Stunden nach der Einnahme ein. Die Zeit, bis der Wirkstoff zur Hälfte ausgeschieden ist, ist mit fünf Tagen sehr lange. Der Wirkstoff wird zum Teil in der Leber abgebaut, verlässt aber größtenteils unverändert den Körper mit dem Stuhl.

Der Wirkstoff wird zur Behandlung von Frauen angewendet, die aufgrund eines fehlenden Eisprungs unfruchtbar sind. Vorher ist jedoch abzuklären, ob nicht andere Ursachen bei Frau oder Mann für die Unfruchtbarkeit verantwortlich sind.

Die Therapie kommt auch bei Ausbleiben der Menstruation in Frage. In beiden Fällen können Frauen also mithilfe von Clomifen schwanger werden.

Die Therapie mit Clomifen erfolgt in Form von Zyklen zu jeweils fünf Tagen. Falls es längere Zeit vor der Clomifen-Therapie zu keiner Menstruation kam, kann die Therapie zu einem beliebigen Zeitpunkt begonnen werden. Hat die Patientin dagegen regelmäßige Monatsblutungen (ohne Eisprung), sollte die Therapie am oder um den fünften Zyklustag herum begonnen werden.

Beim ersten Behandlungszyklus wird fünf Tage lang jeweils eine Tablette mit 50 Milligramm Clomifen eingenommen. Sollte beim ersten Zyklus kein Eisprung ausgelöst worden sein, wird 30 Tage später ein weiterer Zyklus, dann aber mit 100 Milligramm Clomifen begonnen. Insgesamt können bis zu sechs solcher Therapiezyklen durchgeführt werden.

Die Clomifen-Einnahme verursacht bei mehr als jeder zehnten Behandelten eine Vergrößerung der Eierstöcke, Flush (Gesichtsrötung) und Hitzewallungen. Diese Nebenwirkungen sind jedoch auf die Dauer der Einnahme begrenzt.

Nebenwirkungen, die bei jeder zehnten bis hundertsten Frau auftreten, sind Kopfschmerzen, Sehstörungen, Unterbauchbeschwerden, Blähungen, Übelkeit, Erbrechen und ein Spannungsgefühl in der Brust.

Clomifen erhöht die Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsschwangerschaften (schätzungsweise 10% Zwillinge, 1% Drillinge).

Clomifen darf nicht eingenommen werden bei:

Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind bisher nicht bekannt.

Die Einnahme von Clomifen ist nur bei Frauen im gebärfähigen Alter angezeigt. Das heißt, für Männer, Kinder und Jugendliche sowie Frauen in und nach den Wechseljahren ist der Wirkstoff nicht vorgesehen.

Nach erfolgreicher Befruchtung raten Experten unbedingt zum Absetzen von Clomifen. Um eine ungewollte Anwendung in der Frühschwangerschaft zu vermeiden, wird deshalb vor jedem weiteren Clomifen-Zyklus ein Schwangerschaftstest zur Abklärung gemacht.

Clomifen hat in der Stillzeit eine hemmende Wirkung auf die Laktation.

Das Arzneimittel ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz verschreibungspflichtig und nur in der Apotheke zu erwerben.

Clomifen ist seit den 1960er Jahren bekannt und wird seither medizinisch genutzt. Zuerst kam der Wirkstoff nur bei Störungen der Regelblutung zum Einsatz. Später entdeckte man, dass er die Schwangerschaftserfolgsrate steigert. Seither wird Clomifen auch zur Behandlung des ausbleibenden Eisprungs eingesetzt. 

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Benjamin Clanner-Engelshofen ist freier Autor in der NetDoktor-Medizinredaktion. Er studierte Biochemie und Pharmazie in München und Cambridge/Boston (USA) und merkte dabei früh, dass ihm die Schnittstelle zwischen Medizin und Naturwissenschaft besonders viel Spaß macht. Deshalb schloss er noch ein Studium der Humanmedizin an.

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