Von Gasser bis Wilson: die grössten Schweizer Dopingfälle

2023-02-15 15:05:13 By : Mr. Alan Wu

Der Schweizer Sport hat seinen nächsten Doping-Skandal. Alex Wilson ist mit der Einnahme verbotener Substanzen bei Weitem nicht alleine – ihm sind zahlreiche bekannte Fälle vorausgegangen.

Es ist wieder passiert: Die Schweizer Sportwelt wird von einem neuen Dopingfall erschüttert. Der Sprinter Alex Wilson ist am Dienstag des vorsätzlichen Dopings schuldig gesprochen worden. Ihm war das Hormon Trenbolon nachgewiesen worden. Der 31-jährige Wilson ist längst nicht der erste Leistungssportler, der der Einnahme verbotener Substanzen überführt worden ist. Die folgende Liste zeigt weitere Fälle, die durch die Medien gingen.

Es ist der erste grosse Schweizer Dopingskandal: An der Leichtathletik-WM 1987 holt die Schweizer Mittelstreckenläuferin Sandra Gasser nach einem Leistungssprung im Jahr davor über 1500 m die Bronzemedaille, doch wenig später bleibt sie mit dem Befund Methyltestosteron in einer Dopingkontrolle hängen. Sie wird disqualifiziert und für zwei Jahre gesperrt.

Der Fall wird aber noch kompliziert: Die B-Probe bestätigt zwar das erste Resultat, doch die Profile der körpereigenen Steroidhormone zwischen der A- und der B-Probe stimmen nicht überein. Gasser, die im Vorfeld der WM dreimal negativ getestet worden ist, ist überzeugt, dass es sich um einen Laborfehler handeln muss und beginnt einen aussichtslosen Kampf mit dem übermächtigen Internationalen Leichtathletikverband, den sie am Ende nicht gewinnen kann.

Nach Ablauf ihrer zweijährigen Sperre gelangte sie nochmals an die Weltspitze und holte die Silbermedaille an der EM 1990, die Bronzemedaille an der EM 1990 und an der Hallen-WM 1993, obwohl sie in diesem Rennen vor der Ziellinie stürzte.

Der Festina-Skandal erschüttert den Radsport während der Tour de France in seinen Grundfesten. Beim Team Festina – zu dem auch die Schweizer Alex Zülle, Laurent Dufaux und Armin Meier gehören – werden während der Grande Boucle grosse Mengen an EPO gefunden.

Die Staatsanwaltschaft führt in der Folge mehrere Razzien in den Mannschaftshotels durch. Die Ermittlungen ergaben, dass bei Festina ein flächendeckendes Doping praktiziert worden ist. Nach anfänglichem Leugnen gab Zülle unter wachsendem Druck schliesslich die Einnahme verbotener Mittel zu und wurde ein halbes Jahr gesperrt. Auch Dufaux und Meier erhalten ein Fahrverbot von je sechs Monaten.

Ausgerechnet der Bruder des amtierenden Schwingerkönigs Jörg Abderhalden wird des Dopings überführt: Der Ostschweizer weist bei einem Test im Frühling 2001 einen zu hohen Testosteronwert aus, streitet wissentliches Doping aber ab. Dank mildernder Umstände erhält er letztlich eine Sperre von 18 Monaten. Es ist der erste Dopingfall im Schwingen überhaupt.

Im Training für die Olympischen Spiele 2004 in Athen will ein Dopingkontrolleur von Swiss Olympic den knapp 33-jährigen Weltmeister von 1998 routinemässig kontrollieren. Da ergreift Camenzind die Flucht – 50 Kilometer lang wird er mit dem Auto verfolgt, ehe der Veloprofi auf dem Klausenpass vom Velo steigt und seinen Urin abgibt. Da weiss er bereits, dass seine Karriere nun vorbei ist.

Denn im Herbst seiner Karriere läuft es Camenzind, der schon 1999 unter Dopingverdacht geriet, nicht mehr. Nach einer Erkrankung am Pfeiffer’schen Drüsenfieber setzt «Ösi» schliesslich alles auf eine Karte und nimmt EPO. Auf die Öffnung der B-Probe verzichtet er und gesteht den Missbrauch sofort. An einer Medienkonferenz im Luzerner Bahnhofbuffet erklärt der Radprofi vom Schweizer Phonak-Team seinen sofortigen Rücktritt.

Bei den Olympischen Spielen von Sydney 2000 steht Brigitte McMahon am Höhepunkt ihrer Karriere: Im Triathlon wird die Baarerin Olympiasiegerin. Fünf Jahre später läuft es nicht mehr nach Wunsch. Als mittlerweile dreifache und allein erziehende Mutter versucht sie weiterhin Spitzensport zu betreiben, ist physisch und psychisch aber immer öfters überfordert.

Um ihr Formtief zu überwinden, greift die studierte Biochemikerin zu EPO und wird erwischt. McMahon, die für zwei Jahre gesperrt wird, gibt den Doping-Konsum zwar zu und tritt umgehend zurück, macht danach aber negativ auf sich aufmerksam, indem sie den Behörden konsequent verschweigt, wer ihr die Dopingmittel beschafft hat.

Die Überraschung im November 2007 ist gross: Martina Hingis gibt an einer Pressekonferenz in Glattbrugg unter Tränen bekannt, dass sie in Wimbledon positiv auf Kokain getestet worden sei und verkündet gleichzeitig ihren Rücktritt. Die sechsfache Grand-Slam-Siegerin beteuert, niemals wissentlich zu Drogen gegriffen zu haben. Man habe ihr das Kokain in den Orangensaft gemixt.

Nach anfänglichem Zögern entscheidet Hingis, ihren durch den Dopingverdacht angekratzten Ruf wieder herstellen zu wollen und die positive Dopingprobe anzufechten. Jedoch ohne Erfolg: Anfang Januar 2008 wird Hingis für zwei Jahre gesperrt. Erst 2013 kehrt sie auf die WTA-Tour zurück. Bis zu ihrem Karriere-Ende 2017 gewinnt sie nochmals zehn Grand-Slam-Titel im Doppel.

Beim Turnier in La Baule werden Steve Guerdats Pferde Nino des Buissonnets und Nasa positiv auf die verbotenen Substanzen Codein und Morphin getestet. Vom Internationalen Pferdesportverband wird der Olympiasieger von 2012 deshalb provisorisch für zwei Monate gesperrt. Später stellt sich aber heraus, dass die positiven Dopingproben aufgrund einer Kontaminierung des Futtermittels entstanden. In ungequetschten Haferkörnern befanden sich Schlafmohnsamen und so wurde Guerdat schliesslich von jeglicher Schuld freigesprochen.

Vor der Schwingsaison 2018 wird der siebenfache «Eidgenosse» Martin Grab bei einer Dopingkontrolle positiv auf Tamoxifen getestet. Der verbotene Wirkstoff kann missbräuchlich zur Reduktion von Nebenwirkungen von Anabolika-Kuren genutzt werden. Grab, der einen Monat nach der positiven Dopingprobe zurücktritt, bestreitet in der Folge vehement, willentlich gedopt zu haben, dennoch wird er ein Jahr später von der Disziplinarkammer von Swiss Olympic für zwei Jahre gesperrt. Grab kämpft seither weiter um sein Image, rehabilitieren konnte er sich bislang jedoch nicht.

Der ehemalige Radprofi Pirmin Lang gibt nach NZZ-Recherchen zu, dass er ab 2017 Teil eines Doping-Netzwerks des deutschen Sportarztes Mark Schmidt war, das 2019 im Rahmen der «Operation Aderlass» bei der Nordischen Ski-WM aufgeflogen war. Lang wird von Schmidt selbst belastet, zusammen mit vielen weiteren Sportlern jahrelanges Eigenblutdoping betrieben zu haben.

Auf Twitter schreibt der Beschuldigte: «Ich habe in meiner Karriere als Radprofi betrogen. Ich war Teil des Aderlass-Netzwerks. Ich habe gelogen und bin für meine Taten verantwortlich.» Das Urteil von 2020 ist dann eine Farce: Da die meisten Verfehlungen verjährt sind, wird Lang nur mit einer Geldbusse von 100 Franken plus weitere 500 Franken auf Bewährung bestraft.

Am Tag der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele von Tokio verkündet der Hürdensprinter Kariem Hussein, dass er in einer Dopingprobe mit dem Methaboliten N-ethylnicotinamide und der Substanz Nikethamid erwischt worden sei. Die positive Dopingprobe erfolgt auf die Einnahme einer Lutschtablette (Gly Coramin), die der Europameister von 2014 an den Schweizer Meisterschaften wegen Unterzuckerung genommen hat. Hussein, selber Arzt, schreibt in einem Communiqué, dass er irrtümlicherweise von einer zugelassenen Substanz ausgegangen sei. Der Olympia-Traum ist für den Thurgauer damit geplatzt, er wird für neun Monate gesperrt.